Die zweite Orgelnacht in der ev. Stephanuskirche in Giebel (siehe Bericht zur ersten Orgelnacht, 2014) am 25. September 2015 stand unter dem Motto “mit 4 Händen & Füßen”, die von den Organisten Gabi Riegel, Esslingen, und Damian von Maltzahn, Stuttgart-Sonnenberg, gestaltet wurde. Die rund 40 Zuhörer kamen in den Genuß von Werken der Komponisten Christian Gottlob Höpner, Dietrich Buxtehude, Franz Lachner, Franz Schubert, Wolfgang Amadeus Mozart, Felix Mendelssohn Bartholdy und Niccolo Jomelli.
Deren Werken waren von Riegel und Maltzahn mit Bedacht ausgewählt worden, denn sie sollten insbesondere mit der 2014 umfangreich vom Orgelbau Mauch und Intonateur Trefz renovierten Weigle-Orgel klanglich perfekt passen. Und die Wahl der Organisten war die richtige. Ausgewogen in Klang und Spiel genossen die Zuhörer mehr als eine Stunde lang die Werke, zu denen die Organisten sogar einige Anekdoten zur Hand hatten: So entstammen die Werke von Lachner und Schubert einem kurzentschlossenen Wunsch des Herausgebers der “Modezeitung” Herrn Schickh, der die beiden Freunde für den nächsten Morgen “um eine Kleinigkeit” einer Komposition bat. Schubert schlug die Komposition einer vierhändigen Fuge vor – die die beiden auch bis Mitternacht problemlos fertig hatten und so Schickh und andere Gäste am nächsten Morgen die Werke in Heiligenkreuz (Baden bei Wien) zu hören bekamen.
Auch die Fantasie in f-moll von Mozart, eigentlich kein Komponist für Orgel, hat eine besondere Entstehungsgeschichte: sie wurde ursprünglich “für ein mechanisches Musikinstrument”, also einen “Orgelautomaten”, der zwar Pfeifen besaß, aber nicht durch einen Spieler, sondern durch eine Walze mechanisch in Bewegung gesetzt wurde, geschrieben. Die Fantasie sollte eigentlich eine Trauermusik sein, doch Mozart hat diesen Kompositionsauftrag auf seine eigene Weise ausgeführt, die so typisch für ihn ist, dass man eigentlich hätte mit dieser Art der Musik rechnen müssen: der getragenen Moll-Einführung folgt die heitere und beschwingte Mozartmusik – und wechselt zum versöhnlichen Ende erneut in die Moll-Trauer-Tonlage.
Die Sonata in C-Dur für 4 Hände von Niccolo Jomelli hatte Damian von Maltzahn bewußt für die Stephanuskirche ausgewählt, war Jomelli doch im Rahmen seines Dienstes am Hof von Herzog Carl Eugen auch am Schloss Solitude oberhalb von Weilimdorf tätig. In einer Opernarie verarbeitete Jomelli übrigens die gehörten Gassenhauer eines Straßenmusikanten vor seinem Arbeitszimmer. Die von Maltzahn und Riegel gespielte Sonata scheint dieses Erlebnis und die Beeinflussung des Komponisten durch die Straßenmusik zu bestätigen, vermeint der geneigte Hörer doch in der Sonata ein buntes quirliges Treiben mit spielenden Kindern, Posthorn, Militärsignalen, zwitschernden Vögeln und auch einen Dudelsackspieler herauszuhören. Die Weigle-Orgel scheint für diese Art der Musikinterpretation mehr als geeignet zu sein!
Im Anschluss an dieses erlebnisreiche, durch die Informationen zu den Stücken mit anderen Ohren wahrgenommene Konzert, überreichte Pfarrer Christian Löw beim Sekt-Empfang im Gemeindesaal den Organisten als Dank Orgelpfeifen, die nach der Sanierung der Weigle-Orgel 2014 übrig geblieben waren bzw. durch neue Register wie Pfeifen ersetzt worden sind. KMD Rainer Goede, der den beiden Organisten die Stücke im Konzert registriert hatte, erläuterte zuvor den Gästen den Aufbau und die Funktion von Orgelpfeifen, die Gabi Riegel nach Überreichung auch problemlos “zum pfeifen” brachte. Die Stephanus-Jazzband Fidgety Feet sorgte bei Sekt & Gebäck für einen gemütlichen musikalischen Ausklang der Orgelnacht in Stephanus.
Die dritte Orgelnacht in Stephanus wird übrigens am 23. September 2016 stattfinden. Man sollte sich den Tag im Kalender schon einmal vormerken – die Organisatoren haben schon viele Ideen was an diesem Abend den Zuhörern besonderes geboten wird!