Die 4. Orgelnacht in der Stephanuskirche war ein ungewohntes Experiment – klassische wie moderne Orgelmusik auf der einen Seite, historische und moderne Literaturtexte auf der anderen Seite. Man mag meinen, dass Orgelmusik das eine ist, Literatur das andere – aber was haben sie gemeinsam?
“Literatur hat Töne” – Michael Goede (Bochum) und KMD Rainer Goede (Ansbach) – stellten diese Kombination aus Musik und Text am 22. September 2017 in der Stephanuskirche in Weilimdorf-Giebel eindrucksvoll unter Beweis.
Einleitend in die Orgelnacht war die “Batalha de 6° Tom” von Antonio Correa Braga zu hören – ein anspruchsvolles Orgelstück als Sinnbild eines Kampfes, das Michael Goede “mit leichter Hand” den zahlreichen Konzertbesuchern zu hören gab.
Schwere Literaturkunst folgte mit John Milton´s aus dem sechsten Gesang der epischen Dichtung Paradise Lost von 1668, bei dem es um den ultimativen Kampf zwischen Gott und Satan geht. Doch wie die Armee der Finsternis gegen die Heerscharen der Engel ankämpfte, ließ sich erst mit dem folgenden Orgelstück “Fantasia de quinto tono, un poco como una batalla” von Joris Verdin (*1952) erleben – in den Gedanken der Zuhörer hörte und sah man nun in der Musik die mehrtägig hin und her brandenden Kämpfe, endend in einer säuselnden, einsam wirkenden Coda mit der Forderung nach Barmherzigkeit und Frieden.
Gegenüberstehend zu Wipo von Burgunds (um 995 bis nach 1046) “Victimae paschalis laudes”, von Rainer Goede gesungen, und der moderneren Fassung des Textes als “Christ lag in Todesbanden” von Martin Luther (1483-1546) war dieser österliche Text und sein Inhalt in der “El Angel dormido” von Luis Pedro Braviz Coarasa (*1969) zu erkennen.
“Josephs Traum” von Thomas Mann (1875 bis 1955) erlebten die Zuhörer musikalisch in der “La notte” von Antonio Vivaldi (1678 bis 1741), eigentlich für Flöte und Orchester geschrieben, mit Orgelklängen, die Edoardo Bellotti für die Orgel transcribiert hat.
Im Anschluss an das “literarische Konzert konnte im Gemeindesaal noch bei Cocktails wie einem “Green Church”, “Reformation”, “Wittenberger” oder “Mönchstrunk” sowie kleinen Snacks über die “erlebte” wie “musikalische” Literatur eingehend diskutiert und gesprochen werden.
Vormerken kann man sich jetzt schon Freitag, den 21. September 2018, wenn zur fünften “Orgelnacht” in die Stephanuskirche eingeladen und es heißen wird: “Stephanus groovt”!