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Andacht zum neuen Parament für Jakobus

Andacht zum neuen Parament für Jakobus

das neue Parament für das Jakobusgemeindehaus
das neue Parament für das Jakobusgemeindehaus

Auf der KGR-Sitzung am 25. Juni 2020 wurde dem Kirchengemeinderat das neue Parament für das Jakobusgemeindehaus vorgestellt. Es wird am Sonntag, 26. Juli 2020, der Gemeinde im Sonntagsgottesdienst um 09.30 Uhr vorgestellt, anschließend nach Hausen verbracht. Am späten Nachmittag kann es dann im Jakobusgemeindehaus (unter Einhaltung der Abstandsregelungen) auch persönlich betrachtet werden.

Der Prediger Salomo hat den ewigen Kreislauf vom Werden und Vergehen in poetische Verse gesetzt: Alles hat seine Zeit: geboren werden, sterben, pflanzen, ernten, lachen und weinen.

Auch das Kirchenjahr hat einen Rhythmus, den Rhythmus von Freude und Trauer, von Fülle und Verzicht, von Zuversicht und Dankbarkeit.

So wie es im Kalenderjahr Jahreszeiten gibt, ist auch das Kirchenjahr von Jahreszeiten geprägt. Dort sind es allerdings nur drei: der Weihnachtskreis, der Osterkreis und die Trinitatiszeit.

das neue Parament für das Jakobusgemeindehaus

Nachdenklichkeit und Freude, Trauer, Umkehr und Dankbarkeit haben im Kirchenjahr ihren Platz. Dies kommt zum Ausdruck in den Farben, die Christen durch das Kirchenjahr begleiten: Violett, weiß, grün und rot.

Die Farben des Kirchenjahres werden in den Kirchengebäuden vor allem sichtbar und spürbar durch die Paramente – also die Kanzel- und Altarbehänge.

Wir haben ein neues Parament für das Jakobusgemeindehaus. 

Kirchengemeinderat Thomas Bez hat es gestiftet, Dorothea Walker hat es gestickt nach einem Entwurf von Dr. Sabine Waldmann-Brun. Im letzten Sommer haben wir das Motiv nach eingehenden Beratungen ausgewählt.

Die Interpretation des Motivs möchte ich aufheben für einen feierlichen Einweihungsgottesdienst; darüber werden wir heute noch beraten.

Aber zur Bedeutung der Farben will etwas sagen.

Die Farbe Violett ist die Farbe der inneren Einkehr und Umkehr und bezeichnen die Advents- und Passionszeit; beides sind mehrere Wochen dauernde Vorbereitungszeiten.

Im Advent bereiten sich Christen auf das Kommen Jesu Christi vor. Er ist Gott und Mensch zugleich, verbindet wie kein anderer Himmel und Erde miteinander. In der Bibel ist das schönste Symbol für die Verbindung zwischen Himmel und Erde der zwölfte und somit letzte Grundstein des himmlischen Jerusalems. Er ist nach Offenbarung 21 ein violetter Amethyst.

In der Passionszeit bereiten sich Christen auf das Leiden, das Sterben und die Auferstehung Jesu Christi vor. Auch hier spielt die Farbe Violett eine wichtige Rolle. 

Vor allem in Passionsdarstellungen mittelalterlicher Buchillustrationen trägt Jesus ein violettes Kleid als Zeichen der Verwandlung der Welt, die mit der Auferstehung geschieht.

Die Farbe Weiß ist im Kirchenjahr immer dann von Bedeutung, wenn etwas Neues beginnt. Deshalb kommt das weiße Parament bei den Christusfesten zum Einsatz: 

  • an Weihnachten, wenn Gott Mensch wird in der Geburt Jesu
  • an Gründonnerstag, als Jesus das erste Abendmahl mit seinen Jüngern feierte
  • an Ostern, dem Tag der Auferstehung Christi
  • und ab da 7 Wochen lang, 
  • an Himmelfahrt, Trinitatis und am Ewigkeitssonntag.

Bis in unsere Zeit hinein wird Jesus Christus häufig weiß gekleidet dargestellt. Das weiße Lamm steht ebenfalls für Christus. 

Weiß steht für das Reine, das Göttliche, für die Unschuld. Aber auch der Engel, der die Auferstehung Jesu Christi verkündet, trägt ein weißes Gewand.

Weiß als Symbol für einen Neubeginn: Etwas Neues beginnt dann nicht nur für Jesus Christus, sondern für jeden Menschen. 

Mit dieser Vorstellung hängt auch das weiße Taufkleid zusammen. Taufe wird ja als Auferstehung des neuen Menschen in Christus verstanden. Mit der Taufe also wandelt sich der Mensch und zieht ein neues Gewand an – das weiße Christusgewand.

Auch das Totenhemd ist traditionell weiß – als sichtbares Zeichen für den Glauben an die Auferstehung von den Toten, die uns verheißen ist.

Grün steht fürs Pflanzen, Wachsen und Frucht bringen.

Die Psalmen erzählen vom Grün als der Farbe des Lebens. Wenn der Psalmbeter davon spricht, dass Gott ihn auf einer grünen Aue weidet, heißt das, dass er von Gott reiche Lebensmöglichkeiten erhält – was Jesus wieder aufnimmt in der Geschichte von der Brotvermehrung: 

Jesus ließ das Volk sich auf das Gras lagern und nahm die fünf Brote und die zwei Fische, sah auf zum Himmel, dankte und brach’s und gab die Brote den Jüngern, und die Jünger gaben sie dem Volk. Und sie aßen alle und wurden satt und sammelten auf, was an Brocken übrigblieb, zwölf Körbe voll. Das geschah auf grünem Gras!

Grüne Paramente werden verwendet zwischen der Weihnachts- und der Passionszeit und an den Sonntagen nach Trinitatis bis zum vorletzten Sonntag des Kirchenjahres. Das macht mindestens die Hälfte des Kirchenjahres aus und zeigt: was in der Natur und was im Geist angelegt ist, braucht Zeit zum Wachsen und vor allem Zeit zum Reifen.

Und schließlich die Farbe Rot.

Rot steckt voller Energie. Mit Rot verbindet man Feuer und Blut, aber auch Eigenschaften wie aktiv und aufregend. Rot ist auch die Farbe der Liebe. Rot steht für Kraft, aber auch für Aggressivität. Keine andere Farbe hat so extreme Pole wie Rot.

Von den Feuerflammen des Dornbuschs bis Pfingsten ist Gottes Geist im Feuer erfahrbar geworden. In Apostelgeschichte 2 ist von Flammen und feurigen Zungen die Rede. Rot ist deshalb die Farbe von Pfingsten. 

Und weil mit Pfingsten die erste christliche Gemeinde und in der Folge dann auch die Kirche entstand, werden rote Paramente außer an Pfingsten an den Kirchenfesten verwendet: am Reformationstag, bei Konfirmationen, Ordination, Investitur und Kirchweih.

Unser Leben in seiner Buntheit, mit seinen Höhen und Tiefen, spiegelt sich wider in den Zeiten und Farben des Kirchenjahres.

In unserem Leben gibt es wie im Kirchenjahr Zeiten der Trauer und der Freude, Zeiten des Klagens und des Dankens, Zeiten des Verzichts und des Feierns.

Die Farben des Kirchenjahres, die alle in unserem neuen Parament vereint sind, nehmen das auf und erinnern uns daran:

Alles hat seine Zeit: geboren werden, sterben, pflanzen, ernten, fasten, feiern, sich auflehnen und zufrieden sein, geduldig sein und drängeln, streiten und sich vertragen, lachen und weinen.

Amen.

Pfarrerin Erika Schlatter-Ernst