Bei einer Bahnfahrt saß ich neben einem jungen Mann, der sehr bedrückt wirkte. Nervös rutschte er auf seinem Sitz hin und her, und nach einiger Zeit platzte es aus ihm heraus: Dass er ein entlassener Sträfling sei und jetzt auf der Fahrt nach Hause. Seine Eltern waren damals bei seiner Verurteilung tief getroffen, sie konnten es nicht fassen, ihr eigener Sohn!
Im Gefängnis hatten sie ihn nie besucht, nur manchmal einen Weihnachtsgruß geschickt. Trotzdem, trotz allem, hoffte er nun, dass sie ihm verziehen hätten.
Er hatte ihnen geschrieben und sie gebeten, sie mögen ihm ein Zeichen geben, an dem er, wenn der Zug an der kleinen Farm kurz vor der Stadt vorbeiführe, sofort erkennen könne, wie sie zu ihm stünden. Hätten sie ihm verziehen, so sollten sie in dem großen Apfelbaum an der Strecke ein gelbes Band anbringen. Wenn sie ihn aber nicht wieder sehen wollten, brauchten sie gar nichts tun. Dann werde er weiterfahren, weit weg.
Als der Zug sich seiner Heimatstadt näherte, hielt er es nicht mehr aus, brachte es nicht über sich, aus dem Fenster zu schauen. Ich tauschte den Platz mit ihm und versprach, auf den Apfelbaum zu achten. Und dann sah ich ihn: Der ganze Baum – über und über mit gelben Bändern behängt. Da ist er, flüsterte ich, alles in Ordnung. Er sah hinaus, Tränen standen ihm in den Augen.
Mir war, als hätt´ ich ein Wunder miterlebt. Und vielleicht war‘s auch eines.
Mit diesen Worten/dieser Geschichte/diesem Lied grüßen Sie Ihre Pfarrerinnen Annegret Oette und Erika Schlatter-Ernst