Seit Dekanin Wiebke Wähling am 27. November 2009 auf dem Gemeindeforum der Stephanusgemeinde im Giebel die Diskussion in der Kirche um das Fortbestehen des Jakobusgemeindehaus in Hausen angestoßen hatte, waren die Fragezeichen der Gemeindemitglieder groß, die Antworten klein. Grund genug für den Kirchengemeinderat eine Gemeindeversammlung hierfür abzuhalten.
Gekommen sind immerhin 55 Interessierte, viele Giebeler sind eigens nach Hausen gekommen, auch Pater Konrad und Pater Matthias von der Salvatorgemeinde waren mit Kirchgängern der katholischen Gemeinde vor Ort, um Zahlen – und vor allem Fakten zum (Fortbe-)Stand des Jakobusgemeindehauses zu erhalten. Pfarrer Karl-Ulrich Gscheidle und Jürgen Hanneke (Kirchengemeinderat und Hausener zugleich) gaben anfangs einen Überblick über die Statistik und die Kosten zum Gemeindehaus in Hausen. Daran war deutlich erkennbar, dass die Stephanusgemeinde seit dem Jahr 2002, als der Bau des neuen Gemeindehauses begonnen hatte (Einweihung war 2004), die Gemeinde (die aus den Stadtteilen Bergheim, Giebel und Hausen besteht) in den letzten 8 Jahren 265 Gemeindemitglieder verloren hat. Waren es in den 1950er und 1960er Jahren noch mehr als 7.000 evangelische Gemeindemitglieder, ist deren Zahl bis 2009 auf 2.600 geschrumpft, diese Tendenz wird auch in den kommenden Jahren anhalten, was 2011 auch die zweite Pfarrstelle der Gemeinde auf 50 Prozent Arbeitsumfang einschränkt. Sinkende Kirchenmitglieder haben allerdings auch die Folge, dass das Kirchensteueraufkommen zurück geht. Die Weilimdorfer Kirchengemeinden – und damit auch Stephanus – haben vom Dekanat inzwischen wegen ihrer Finanzhaushalte “die rote Karte” erhalten: Es wird weit mehr Geld ausgegeben als vorhanden ist. Der Rotstift muss angesetzt werden.
Bereits seit Jahren zieht sich diese Diskussion durch die (öffentlichen) Sitzungen des Kirchengemeinderates, Kosten wurden eingespart, der “Grüne Gockel” bei den energetischen Kosten eingeführt, an Gehältern und Arbeitsstunden gekürzt, die Kirchenmusik erheblich reduziert, die Pfarrstellen zurückgefahren. Doch all dies reicht nicht, das immer größer werdende Loch an Kosten für das Jakobsgemeindehaus, mehr als 13.000 Euro Verlust pro Kalenderjahr, aufzufangen.
Pfarrer Gscheidle und Fischer wie die Dekanin Wähling und die anwesenden Kirchengemeinderäte sahen sich einer emotionsgeladenen Diskussionsrunde am Abend des 22. April ausgesetzt, Unverständnis der anwesenden Hausener über das Ansinnen eines Verkaufs oder Vermietung des Gebäudes an die Stadtverwaltung standen den harten Fakten des Leerstands des Gemeindehauses gegenüber. Denn Gruppen und Vermietungen machten gerade mal einen Nutzungsgrad von 19 Prozent aus, zu wenig mittlerweile für die Haushaltskasse der Gemeinde, um von einer effektiven Ausnutzung der Räume zu sprechen.
Der Vorschlag aus den Reihen der Diskussionsteilnehmer, ab sofort jedes Jahr von jedem Hausener Gemeindemitglied doch 15 Euro als Sonderopfer für das Jakobusgemeindehaus einzufordern, wurde von den Pfarrern und Kirchengemeinderäten zur Kenntnis genommen. Eine Umsetzung dürfte allerdings kaum Erfolg bringen: es ist kaum anzunehmen, dass dies alle ca. 600 Hausener Gemeindemitglieder zu tragen bereit sind. Zudem könne, so Dekanin Wiebke Wähling, nicht eine Art “Sondersteuer” in den Gemeinden eingeführt werden – letztlich würde dann für alles eine “Sonderabgabe” verlangt werden, sei es für einen Anstrich eines Gebäudes, den Blumenschmuck für den Altar oder andere Kosten, die gerade nicht ins Budget der Gemeinde passen würden. Während der Staat immer neue Schulden machen könne, müsse die Kirche wirtschaften und könne nicht Kredit um Kredit aufnehmen. Auch in anderen Gemeinden in Stuttgart seien bereits Gemeindehäuser geschlossen bzw. verkauft worden. Einrichtungen, die für mehr als die doppelte Anzahl an Gemeindemitgliedern erbaut und gehalten wurden, können für einen Bruchteil der Kirchgänger von heute nicht bezahlt werden.
Der Kirchengemeinderat nahm viele Anregungen zu Haushaltskosten und Gruppenangeboten für das Jakobusgemeindehaus an diesem Abend mit, wird diese in den nächsten Sitzungen im Sommer 2010 diskutieren und eine Lösung suchen. Die Empfehlung der Dekanin Wähling war allerdings eindeutig: “Wir haben gerade die große Chance das Gebäude für einen guten Preis zu veräußern: die Stadt braucht wegen der ab 2013 herrschenden gesetztlichen Lage für die Kinderbetreuung dringend eine neue Einrichtung in Hausen. Sobald die ein passendes Haus gefunden haben, ist für Stephanus die Gelegenheit vorbei – und ab 2013 sowieso”.